Ein Saisondrama in fünf Akten und mit Berichten von Zeitzeugen.
Während die restliche Welt den Frühling spürt und die ersten warmen Tage an der Sonne geniesst, nehmen wir Abschied von einer weiteren spannenden, aufregenden und kräftezerrenden Saison. Es ist Zeit für den Saison-Rückblick. Um dieser fesselnden Spielzeit gerecht zu werden, wird das ganze hier theatralisch überzogen, mit pompösen Anekdoten besprenkelt und mit mehr oder weniger wahrheitsgetreuen Monologen inszeniert. Entspannt also eure Gesichtsmuskeln, lehnt euch in eure Sessel zurück und Vorhang auf für das leidenschaftliche Drama einer Handballsaison.
Akt I: Vorstellungsrunde
Steigen wir ein in den ersten Akt der Exposition: die Vorstellungsrunde der Akteure. Die Hauptrolle dieses Meisterwerkes wird heute die SG Mittelland TVZ einnehmen. Wir sind eine ideale Mischung aus beginnender Ergrauung und hartnäckiger Pubertät. Gemeinsam meistern wir es die Balance zwischen unbekümmerter Spielfreude und ehrgeizigem Leistungswillen zu halten. Dabei heissen wir neue Spielerinnen mit offenen Armen und einem gelegentlichen Muskelkater willkommen.
Anweisung aus dem OFF: «Dieser Selbstdarstellung muss noch mehr Gewicht getragen werden. Es sollen sich nun paar Spielerinnen selbst und ihre Rolle im Team in einem kurzen Monolog vorstellen.»
Goalie: «Mein Motto: Ich bin bereit geboren. Mein Erkennungsmerkmal: Ihr könnt mich ohne weiteres rein akustisch erkennen. Mein Husten und meine Geräusche bei der Sauerstoff-Versorgung sind unverkennbar und dennoch sehr irritierend. Ich bin im Tor, damit ich dem Team in der Verteidigung helfen kann, aber hauptsächlich deshalb im Tor, damit ich keine Entscheidung im Angriff machen muss. Mein persönliches Highlight war das Ende der Saison, damit ich mich nun meinen Wehwehchen widmen kann.»
Penalty-Schütze: «Meine Besonderheit: Meine Fähigkeiten bestehen aus einer Täuschung und die Kunst den Ball mit links zu spielen. Aber beides beherrsche ich dermassen gut, dass ich in der Verteidigung selbst auf diese zwei Begabungen rein falle. Wenn es um Konditionstraining geht, steh ich beim Protest an vorderster Front; und trotzdem reise ich freiwillig aus der Hauptstadt an. Wieso? Weil mir die Berner Teams einfach zu langsam sind. Mein absolutes Highlight dieses Teams ist das erfolgreiche Integrationsprojekt. Nebst Mittelländerinnen fühlt sich sogar die Zürcherin bei uns wohl.
Strafen-Queen: «…»
Stimme aus dem OFF: «Dieser Beitrag fällt aufgrund regelwidriger Absenz leider aus.»
Akt II: Saisonvorbereitung und erste Spiele
Zu jeder Saison gehört die Vorbereitungsphase. Anstelle von gemütlichen Grillabenden oder einem kühlenden Bad entscheiden wir uns freiwillig für unzählige Runden auf der Finnenbahn bereichert durch wiederkehrende Sprinteinheiten. Da kann es schon vorkommen, dass sich der Magen mit Protesten zu Wort meldet. Bei den einen sind es die sommerlichen Temperaturen und das körperliche Engagement, bei anderen sind es die unwiderstehlich guten Käseküchlein und die üppige Torte der Grossmutter. Aber Strapazen und gemeinsames Schwitzen stärkt ja bekanntlich den Teamzusammenhalt und mit der neu erarbeiteten Ausdauer und diesem Zusammenhalt starten wir in die ersten Spiele. Es zeigt sich: Es hat sich gelohnt. Aus den ersten Fünf Meisterschaftsspielen können wir vier Siege verbuchen, nur gegen das deutlich überlegene Team des BSV Bern müssen wir uns geschlagen geben.
Anweisung aus dem OFF: «Wenn das Stichwort kurze Spielansage fällt, ist sofort klar, wie die nächste Aussage ausfallen wird.»
«Ja, also alles Wichtige ist ja schon gesagt, ich habe dem nichts anzufügen.»
Akt III: heisse Phase bis zu Weihnachten
Die Wochenenden bis zur Weihnachtspause sind ausgebucht mit Handball, die Saison in vollem Gange und das Team in Hochform. Zur Überraschung aller können wir mit der Spitze mithalten, sogar das Spiel gegen das punktegleiche Team aus Lyss können wir mit einer grossen Portion Ehrgeiz und ein paar vereinzelter Schweissperlen für uns entscheiden. Und da wir selbst nach zwei Trainings und einem Spiel pro Woche nicht genug voneinander bekommen, vertiefen wir unsere Symbiose durch gemeinsames Flanieren über den Weihnachtsmarkt. Denn was wärmt in dieser kalten Zeit mehr als die geteilten Momente mit Gleichgesinnten? Die kurze und doch überzeugende Antwort darauf ist: Glühwein.
Anweisung aus dem OFF: «Verluste sind in einer Saisonplanung miteingerechnet. Dennoch unschön, weshalb sich nun eine Betroffene zu Wort meldet.»
Erfahrungs-Chronistin: «Was mich motiviert hat, mich zurück zu kämpfen? Das Team und die Freude am Sport. Es ist das Grösste, wenn du zurückkehren kannst und genauso ein Teil des Teams bist wie vorher. Aber machen wir uns nichts vor, der Weg der Heilung ist nicht immer einfach. Während das Team weiterspielte, als wäre nichts passiert, mühte ich mich durch den Heilungsprozess. Umso schöner, wenn sich jemand aus dem Team meldet; dann weiss man: Ich bin zwar verletzt, aber nicht vergessen.»
Akt IV: Rückrunde und Platzierung
Nach Weihnachten startet ja bekanntlich auch ein neues Jahr und für dieses haben wir uns wohl einen ganz besonderen Vorsatz genommen: «Wieso mit einem konstanten Punktegewinn fortfahren, wenn wir auch mit einer Klatsche starten können?» Das 2025 begann für uns also mit einem sportlichen Kater, führte aber zu einem Wachrütteln, so dass wir uns nur noch gegen den BSV geschlagen geben mussten. Punktegleich mit der PSG Lyss ging es für uns in das letzte Saisonspiel gegen ebendieses Team. Showdown: wer diese Partie für sich entscheiden kann, fährt an die Aufstiegsspiele. Das Spiel blieb über lange Zeit sehr ausgeglichen, um jedes Tor wurde gekämpft, am Schluss konnten wir aber über einen Sieg jubeln und so stand fest: Wir dürfen bei den Aufstiegsspielen antreten.
Anweisung aus dem OFF: «Vor dem letzten Akt jetzt noch einen Wechsel der Perspektive. Wie wurde das Team von den Gegnerinnen wahrgenommen? Das Wort wird nun für einige authentische Rückmeldungen übergeben.»
Team 1: «Nebst bekannten Gesichtern fielen bei Zofingen Spielerinnen mit Ambitionen auf. Obwohl die Endresultate dann meist klar waren, konnten wir der Topscorerin dennoch die persönlichen Höhenflüge verderben und lösten damit die eine oder andere frustrierte Gefühlsregung aus. Ein kleiner Erfolg für uns. Die grösste Herausforderung war aber die Orientierung in den Zofinger Sportanlagen. Das fing bereits ausserhalb der Halle an: Wo ist die Halle den nun? Das Areal des BZZ ist gross und an der Ausschilderung wurde anscheinend gespart. Ansonsten können wir nur zum soliden zweiten Platz gratulieren – Bravo!»
Team 2: «Die Zofingerinnen waren uns aus vergangenen Saisons bekannt. Die Spiele damals waren deutlich zugunsten des TVZ verlaufen. Doch wir hatten ein neu zusammengewürfeltes Team und konnten uns deutlich verbessern. Nur galt das eben auch für die SG Mittelland. Eine Gemeinsamkeit, die unsere Teams teilen: in beiden gibt es Spielerinnen, die in einer Zwergenliga spielen könnten, nur dass die eine blitzschnell ist und die andere nicht über die grossen Spielerinnen drüber sieht. Nach dem ersten Spiel gegen euch stellten wir die folgende Gleichung auf: Zofingen = 🥶🔥 = eiskalt, aber on fire. Was jedenfalls sehr im Gedächtnis bleibt, sind die Unterhaltungen nach den Spielen, bei denen uns Tipps aus dem Vorstand zum Daten übermitteln übers VAT-Portal gegeben wurden. Danke!»
Akt V: Aufstiegsspiele und Saisonabschluss
Nach dem Hochgefühl, das mit der Qualifikation zu den Aufstiegsspielen einher ging, kommt nun die Ernüchterung: Die Saison geht weiter und wir können uns vorerst noch nicht, um das Wohlergehen unseres Körpers widmen. Dennoch starteten wir topmotiviert in die Spiele und kassierten gleich mal eins aufs Maul. Mit einer unnötig hohen Niederlage im ersten Spiel, schafften wir uns eine eher suboptimale Ausgangslage. Trotz der Steigerung und einem Unentschieden im zweiten Aufstiegsspiel und unserem letzten Spiel der Saison, reicht das nicht für den Aufstieg. Trotzdem können wir auf eine erfolgreiche Saison zurückschauen. Wir sind als Team gewachsen und das nicht nur durch einige Neuzugänge. Auch unsere Verteidigung ist eine Stärke, die wir hervorheben dürfen. Damit werden wir uns nun unseren lädierten Leibern widmen und freuen uns auf die nächste Saison.
Anweisung aus dem OFF: «Dieses Meisterwerk wird zu lang, kommt zu einem Abschluss.»
Autorin: «Die Inhalte dieses Berichtes wurden mit grösster Sorgfalt und Leidenschaft erstellt, dennoch übernehmen wir keine Gewähr für die Richtigkeit der Grammatik, die Vollständigkeit der Spielstatistiken und der Aktualität der Saisonplanung. Jegliche Haftung für frohlockendes Gelächter oder spontane Entgleisung der Gesichtsmuskulatur, die direkt oder indirekt mit dem Erleben dieses Berichtes in Zusammenhang stehen, ist ausgeschlossen.»
Text: Leila Dolder